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Schulische und akademische Leistungen

Schlafforscher plädieren schon seit langem für einen späteren Schulbeginn. Insbesondere notwendig ist das für Jugendlichen und junge Erwachsene, da ihr Schlafrhythmus physiologisch bedingt besonders spät liegt [Roen13, VoRa15].

Sommer-Uhrzeit bedeutet jedoch das Gegenteil: Schulen beginnen dann eine Stunde früher (siehe Abbildung 1), maskiert durch die künstliche Umbenennung der Uhrzeit. Die innere Uhr von Schülern, Auszubildenden und Studenten kann sich darauf nicht mehr einstellen. 

Jugendliche leiden an Schultagen unter einem erheblichen Schlafmangel [BoPK10, Voll12]. Dieser geht neben gesundheitlichen Risiken, wie erhöhtem Stress, Depressionen, Stoffwechselanomalien, Fettleibigkeit und einer Schwächung des Immunsystems, mit Konsum von Stimulanzien, Verkehrsunfällen und schlechteren Schulnoten einher [Voll12].

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Abbildung 1: Schul- und Arbeitsbeginn sind während der Sommerzeit früher.

Schlaf ist essentiell für die Leistungsfähigkeit. Dabei ist auch das richtige Timing des Schlafs von großer Bedeutung [VoRa15]. Dieses ist jedoch abhängig vom Chronotyp. Frühe Chronotypen können bereits früh am Abend einschlafen und wachen morgens rechtzeitig ohne Wecker auf. Späte Chronotypen hingegen haben physiologisch bedingt ein späteres Schlaffenster. Die für Schlaf notwendige Melatoninausschüttung und Absenkung der Körpertemperatur erfolgt später als bei frühen Typen. Jedoch sind nur 20% der Bevölkerung frühe Chronotypen. 20% gehören zu den späten Chronotypen und der Rest liegt irgendwo dazwischen. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind die Verhältnisse noch ungünstiger: nur 8 % sind frühe, 35% späte Chronotypen. [VoRa15]

Unsere Schulzeiten sind leider nur für die wenigen frühen Chronotypen in Übereinstimmung mit dem biologischen Schlafbedarf. Schüler der 9. Klasse entwickeln an Schultagen ein tägliches Schlafdefizit von 100 Minuten [VoRa15]. An Wochenenden schlafen sie durchschnittlich 3 Stunden und 8 Minuten später, was bedeutet, sie leiden an mehr als 3 Stunden sozialem Jetlag [VoRa15]. Für späte Chronotypen beträgt der soziale Jetlag sogar mehr als 4 Stunden [Voll12].

Zum Problem des Schlafmangels kommt hinzu, dass auch die Zeit der höchsten Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit vom Chronotyp abhängen. Nur frühe Chronotypen sind am Morgen aufmerksamer als am Nachmittag. Für die anderen, den Großteil der Schüler, steigen Leistungsfähigkeit und Aufmerksamkeit über den Tag hinweg an. Sie sind am Nachmittag leistungsfähiger und aufmerksamer als früh am Morgen. In Leistungstests scheiden Jugendliche um 13 Uhr deutlich besser ab, als 7:30 Uhr, was auf ein effizienteres Arbeitsgedächtnis am Nachmittag (13 - 17 Uhr) zurückzuführen ist. [VoRa15]

Studien zeigen: Je später der Chronotyp, desto schlechter die Schulnoten, wobei der Chronotyp sogar eine größere Auswirkung hat als die Schlafdauer [ToNR15, VoRa15]. Das heißt: Wichtiger noch als wie lange man schläft, ist, wann man schläft! Untersuchungen mit Studenten kommen zu vergleichbaren Ergebnissen [VoRa15].

Da unsere innere Uhr durch Licht und in erster Linie durch die Sonne gestellt wird (siehe auch Mythos: „Daran gewöhnt man sich“), bedeutet Sommer-Uhrzeit, dass die Menschen - gemessen an der Uhrzeit - später einschlafen und aufwachen. Durch die Sommer-Uhrzeit erschaffen wir also "spätere" Schlaftypen [Bori10, HEGR14, RoKM07]. Dies bestätigt auch eine Studie, die während einer 3-jährigen Testphase einer dauerhaften Sommer-Uhrzeit in Russland (2011 – 2014) durchgeführt wurde [BTPK17]: Die Chronotypen wurden später, der soziale Jetlag stieg an, die Schulnoten sanken – im Vergleich zur saisonalen Sommer-Uhrzeit. Die anschließende Einführung der dauerhaften Standardzeit zeigte den kleinsten sozialen Jetlag und die besten Schulnoten.

Fazit:

Mit einer saisonalen und vor allem einer dauerhaften Sommer-Uhrzeit belasten wir insbesondere die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unserer Kinder und die der jungen Erwachsenen – den künftigen Leistungsträgern unserer Gesellschaft. Wenn wir in unserem Land für Bildung, Wissenschaft und gute Arbeit einstehen, dann kann nur eine natürliche Uhrzeit (eine geographisch angemessene Zeitzone) ohne Uhrenumstellungen eine Option sein: Mitteleuropäische Zeit für Deutschland.

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